Es ging nicht immer aufwärts, manche Themen wechselten, andere sind nach gut 40 Jahren immer noch aktuell. Das wurde auf der Jubiläumsfeier der Saerbecker Grünen am Sonntagmorgen in ihrem Büro am Kirchplatz deutlich. Einige Projekte, die bei der ersten Gründung im Jahr 1984 bekämpft wurden, erwiesen sich Jahrzehnte später sogar als Glücksfall. Bestes Beispiel dafür ist der Bioenergiepark, den es ohne den damals sehr umstrittenen Bau des geplanten Munitionsdepots nicht gäbe.
Die Ablehnung zog damals weite Kreise und schaffte es mit einer Anfrage der Grünen-Abgeordneten Antje Vollmer sogar in den Bundestag, wie Bürgermeister Lehberg herausgefunden hatte. Zur Friedensdemonstration in Saerbeck recherchierte er ein Zitat von Anita Wessels dazu: „Es waren wenige Bürger dabei, aber viele Gardinen bewegten sich.“ Sie und Ihr Mann Josef Wessels, der ehemalige Grundschulrektor, engagierten sich schon in der Friedensbewegung der 80er Jahre, später auch bei den Grünen.
Neben dem Widerstand gegen das Munitionsdepot setzten sich die ersten Saerbecker Grünen für verkehrsberuhigte Straßen, Radwege, den Erhalt der Parklandschaft, mehr Grün im Ortskern und Schuldenbegrenzung im Gemeindehaushalt ein. Der Ausbau der K2 über Hembergen und der Ortsumgehung wurden abgelehnt. Die Gruppe konnte damals zwar Kandidaten für alle Wahlbezirke aufstellen, schaffte es aber nicht in den Rat und löste sich in den folgenden Jahren wieder auf.
Verfolgt wurde damals wie heute eine im Kern „konservative Politik“, wie Herbert Breidenbach feststellte, konservativ im Sinne von „bewahren“ von Umwelt, Klima und Lebensqualität. Dabei habe es sich nicht vermeiden lassen, für grüne Ziele auch immer wieder gegen etwas zu sein und dagegen auf die Straße zu gehen. Die Umwandlung des Munitionsdepots in einen Bioenergiepark habe umgekehrt die Möglichkeit geboten, sich gemeinsam mit CDU und SPD für ein Leuchtturmprojekt der Energiewende einzusetzen.
Bei der Neugründung des grünen Ortsvereins im Jahr 1994 waren keine der „Ur-Grünen“ mehr beteiligt.
Anlass war der geplante Bau einer Müllverbrennungsanlage in Greven-Reckenfeld. Das Thema bewegte damals viele Menschen im Kreis und bereitete den Boden für grüne Politik. Dr. Manfred Semrau ergriff die Initiative in Saerbeck und konnte mit den „neuen Grünen“ bei der Kommunalwahl ein Ratsmandat erlangen.
Als „Einzelkämpfer“ vertrat Semrau bis 2001 die Grünen im Rat. Als er aus beruflichen Gründen ausscheiden musste, rückte Herbert Breidenbach nach. Ab 2004 erreichten die Grünen Fraktionsstatus und waren mit Herbert Breidenbach, Ewald Baar und Joost Sträter als Ratsmitglieder und zahlreichen Mitgliedern des Ortsvereins in allen Ausschüssen aktiv an der Entwicklung der Gemeinde beteiligt. Bei der Kommunalwahl 2020 erlangten die Grünen sogar vier Ratsmandate, die aktuell von Joost Sträter, Ewald Baar, Tobias Spahn und Olaf Renk besetzt sind.
Eine wichtige Entscheidung in der Geschichte des grünen Ortsvereins war die Eröffnung eines eigenen Parteibüros im Jahr 2013. Angeregt durch Hermann Stubbe, damals Sprecher der Saerbecker Grünen , wurde das ehemalige Ladenlokal Elsbecker am Kirchplatz zum Treffpunkt umgestaltet. Möglich sei die grüne Präsenz in der Mitte des Dorfes nur durch die Bereitschaft der Rats- und Fraktionsmitglieder, einen großen Teil ihrer Sitzungsgelder in die Kasse des Ortsvereins zu spenden, erklärte Jochen Kleeberg als aktueller Sprecher. Das Büro habe sich als wichtige Klammer für die Rats- und Vereinsarbeit mit den vielfältigen Aktivitäten, die Organisation der Wahlkämpfe, als Bürgerbüro oder auch als Ausstellungsraum bewährt.
Demokratie lebt von diesem Mitmachen, erklärte Bürgermeister Tobias Lehberg auf der Jubiläumsfeier, zu der auch sein Vorgänger Wilfried Roos sowie ehemalige und gegenwärtige Fraktions- und Parteivorsitzende der Ratsparteien gekommen waren. Gerade auf kommunaler Ebene würden Entscheidungen konkret spürbar. Nicht immer stießen sie auf Wohlwollen, könnten aber in persönlichen Begegnungen erklärt werden.
Lehberg lobte das Miteinander und die Diskussionskultur im Gemeinderat. Dass sie beispielhaft sei, werde ihm von Amtskollegen bescheinigt. Gerade in diesen Zeiten sei es wichtig zu zeigen, dass Demokratie funktioniere: „Diese gemeinsamen Werte lassen wir uns nicht streitig machen.“ Die gelte es, nicht nur bei der anstehenden Bundestags- sondern auch bei der Kommunalwahl im September wieder zu verteidigen.
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